Hallo liebe Annika!
Heute stellen wir Dich in unserem Blog vor. Wir kennen uns schon eine Weile und ich schätze Dich sehr als Professional. Doch Deine berufliche Laufbahn lässt sich nicht in wenigen Schlüsselwörtern zusammenfassen, außer vielleicht als "disruptiv". Siehst Du das auch so?
Hallo liebe Tina, vielen Dank für das schöne Intro! Ja, "disruptiv "trifft es ganz gut wenn man den Begriff positiv assoziiert :) Wie kann eine berufliche Laufbahn disruptiv sein?
Ich habe nach dem Studium in Startups gearbeitet, im Vertrieb und Marketing. Immer von der ersten Stunde an. Da war jeder für alles zuständig, jeder trug Verantwortung, jeder brachte sich selbst die Skills bei, die gerade gefordert waren. Jeder war gerne bei der Arbeit, von früh bis in die Nacht hinein. Ich habe später auch selbst gegründet und einen E-Commerce-Shop für Fair Trade Kaffee aufgebaut. Diese Art zu arbeiten hat mich geprägt.
Als mein erstes Kind geboren war, entschied ich mich für eine Festanstellung iim Mittelstand um mehr Zeit und den Kopf frei zu haben für meine Familie. Ich kam erstmals mit der "traditionellen" Unternehmenswelt in Berührung, war Teil eines bestehenden Teams und von Arbeitsstrukturen, die seit Jahren nicht hinterfragt wurden. Der Druck mit der Digitalisierung Schritt zu halten war hoch und das machte sich bei der Stimmung im Team deutlich bemerkbar. Als Digitale Marketing Spezialistin war die Erwartungshaltung: Hilf uns schnell dabei zukunftsfähig zu bleiben. Aber: Ändern wollen wir hier eigentlich nichts. Da kam ich an meine Grenzen. Das Szenario wiederholte sich auch bei meinem nächsten Job.
Ich stellte fest: Wow, ich denke und arbeite ja ganz anders. Wie kann ich dem Team vermitteln, dass die überfälligen Anpassungen an die Digitalisierung nicht die einzig notwendige Veränderung sein können? Sondern dass jeder einzelne im Team Veränderung möglich machen und Verantwortung dafür übernehmen muss?
Ich beschloss, eine Ausbildung zur "New Work Facilitatorin" bei der TAM Akademie in Berlin zu machen - das war die beste Entscheidung.
Warum ist New Work für Unternehmen wichtig geworden?
New Work ist so wichtig geworden, weil sich mit der schnellen Veränderung unserer Welt auch unsere Arbeitswelt verändert hat. Mit Corona, Wirtschaftskrisen, Klimawandel, Kriegen ist alles so unsicher geworden.
Umso mehr wünschen wir uns im beruflichen Alltag Stabilität und Sicherheit - und wollen trotzdem frei arbeiten können, mal von zuhause, mal im Office, mal spontan abends weil wir uns nachmittags um die Kinder gekümmert haben. Wir wünschen uns ein verlässliches Team, klare Ziele, transparente Kommunikation und vor allem Wertschätzung. New Work heißt nicht, dass jeder machen kann was er will. Sondern dass jeder seine Rolle kennt, genau weiß, wohin es geht und das gerne tut.
Was hat Dich dazu bewegt, eine Ausbildung als New Work Facilitator zu absolvieren?
Mit dem Begriff "New Work" kam ich erstmals durch dich, liebe Tina, in Berührung. Damals war Mentessa noch nicht geboren, aber du hattest schon tausend Ideen über die wir uns austauschten. Als ich dann beim "Big & Growing" New-Work-Festival mitwirken durfte das du ins Leben gerufen hast, hörte ich die zahlreichen tollen Beiträge über New Work. Und fühlte mich endlich verstanden. Da gab es also noch andere, die so dachten wie ich! Ich suchte also gezielt nach Fortbildungen im Zusammenhang mit New Work.
Wie hast Du die Ausbildung gemacht und wie läuft diese ab?
Ich habe die Ausbildung komplett remote gemacht weil ich nicht in Berlin sein konnte. Das fand ich zunächst schade, weil ich persönlichen Austausch liebe. Im Nachhinein bin ich für die Entscheidung sehr dankbar, da sie mir gezeigt hat, dass man trotzdem eine tolle Verbindung zu den Teilnehmern aufbauen kann. Und was für großartige Tools es gibt, mit denen man in der Gruppen arbeiten und lernen kann.
Die Ausbildung gliedert sich in 5 Module über einen Zeitraum von 4 Monaten: Darin geht es um Inner Work, Organisationsentwicklung, New Culture, New Leadership und Leading Facilitation Processes. Zu jedem Thema gab es einen Experten, der uns über mehrere Tage begleitete. Er vermittelte uns die Theorie. Die Praxis, also das leiten eines Workshops, die Anwendung von Tools, die Selbsterfahrung erlernten und übten wir in Teams in sogenannten Breakout Sessions. In der Abschlussarbeit ging es darum, ein fiktives oder tatsächliches New Work Projekt in einem Unternehmen von A bis Z durchzuplanen mit konkreten Maßnahmen, einem realistischen Zeitplan.
Was hat sich in deiner Herangehensweise in deiner eigenen Arbeit danach verändert?
Ich gehe jetzt ganz anders an Probleme heran. Als "startup native" dachte ich immer, ich müsse für alles die passende Lösung parat haben. Das ist jetzt nicht mehr so. Ich kenne jetzt die richtigen Tools und die Methodik um Change Prozesse zu vermitteln und anzustossen.
Und wie unterstützt du dann Unternehmen genau?
Als New Work Facilitatorin helfe ich wenn es darum geht einen Transformationsprozess anzustossen und/oder zu begleiten. Von Anfang bis Ende. Dabei ist es besonders wichtig, dass nicht nur ich das Mindset für die notwendige Veränderung mitbringe. Sondern dass ich dieses Mindset auf allen Ebenen vermittele.
Bei Veränderung gibt es ja immer Vorbehalte, Unsicherheit und Ängste, die es abzubauen gilt. Unter Anwendung verschiedenster Tools und Modelle mache ich mir ein Bild von der Situation, erfasse das Problem, erarbeite einen Projektrahmen und begleite, möglichst über alle Abteilungen hinweg den Prozess in Form von Workshop-Formaten oder Einzelsessions.
Warum ist die Rolle des Facilitators für Unternehmen wichtig? Warum kann man nicht ohne Hilfe den Schritt schaffen?
Es ist wichtig, dass es bei Veränderungsprozessen eine Person gibt, die mit einem neutralem Blick von aussen einwirkt. Was mir besonders gut an der Rolle der New Work Facilitatorin gefällt: Ich wirke "nur" als Begleiterin eines Veränderungsprozesses. Das heißt der Fokus liegt darauf, dass das Team selbst notwendige Maßnahmen erarbeitet und umsetzt. Ohne dass ich ihnen den "Heiligen Gral" serviere. Ich bin Impulsgeberin und Moderatorin.
Bildlich gesprochen bin ich die Bergführerin: Ich lenke das Team in die richtige Richtung, sorge dafür dass es sich nicht verläuft und dass der Weg zum Ziel sich gut anfühlt. Am Ziel soll das jeder Einzelne denken: Wow, toll, wir haben's geschafft! Schau mal, wie hoch wir gekommen sind. Und wir haben sogar noch Energie für den Abstieg...und wollen gemeinsam noch weitere Berge besteigen!
Was sind die größten Hürden, die Deine Kunden mit deiner Hilfe überbrücken?
Die größte Hürde, das stelle ich immer wieder fest ist: Die Veränderung, die notwendig ist auch wirklich in die Tat umzusetzen und nicht nur darüber zu sprechen. Und: Verantwortung dafür zu übernehmen! Dass man nicht nur darüber spricht, dass Abteilung XY ja schuld daran ist, dass Prozess XY nicht gut läuft. Es kommt darauf an, dass jeder bei sich selbst anfängt und hinterfragt: Was kann ich dazu beitragen, dass wir alle gemeinsam gut vorankommen. Dieses Mindset zu verinnerlichen, das ist echte Arbeit, für Führungskräfte wie für Mitarbeiter. Genau dabei kann ich meine Kunden unterstützen.